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Samstag, 31. Mai 2008

Humor?!

Ich kann mir gut vorstellen, dass es Lehrer manchmal nicht leicht haben. Um so verwunderlicher finde ich es, dass sich einige Pädagogen das Leben zusätzlich schwer machen, in dem sie schier unmögliche Dingen mit Noten bewerten. Bei einer Projektarbeit, in der wir Beschäftigungsmöglichkeiten für Patienten schaffen sollten, haben wir das wohl den subjektivsten und damit am unmöglichsten zu bewertenden Bereich "Humor" gewählt. Daran dachten wir natürlich nicht. Nachdem wir schon Answeisungen bekommen haben, weder obszöne noch niveaulose Witze in unser Projekt einfließen zu lassen, machten wir eine abgespeckte Version. Doch leider wohl nicht humoristisch abgespeckt genug. So kritisierte die Lehrerin, und anscheinend auch der Schulleiter, dass wenigstens zwei Witze "nivaulos und dreckig" sein sollten.
Beispiel 1)Sitzen ein HNO-Arzt, ein Augenarzt ein Urologe und ein Gynäkologe in der Kneipe.
Steht der HNO-Arzt auf uns sagt: "Ich gehe, wir hören voneinander!"
Sagt der Augenarzt: "Ich komm mit. Wir sehen uns!"
Dann steht der Urologe auf und sagt: "Ich verpiss mich auch!"
Ruft der Gynäkologe hinterher: "Grüßt eure Frauen. Ich schau mal wieder rein!

Beispiel 2) Der Zahnarzt will sich gerade über seinen Patienten beugen und zu
bohren anfangen, als er plötzlich zurückfährt: "Kann es sein, dass sie Ihre Hand an meinen Hoden haben?"
Antwortet der Patient: "Ja, richtig Herr Doktor, wir wollen uns doch
gegenseitig nicht wehtun.".

Genau dieser Konflikt zwischen verschiedenen Ansichten von Humor macht deutlich, wie unüberlegt es ist, "Humor" zu bewerten. Oder wie ein Freund von mir recht passend sagte : "Humor zu bewerten ist wie Steine gut zuzureden." Besonders deutlich wurde das Problem, als ich diese unglückliche Geschichte meinen Eltern erzählte. Mein Vater, ehemaliger Bewährungshelfer und garantiert keiner, der sich über die obszönsten Dinge amüsiert, kannte beide Witze schon und fand sie recht lustig. Meine Mutter dagegen konnte über keine von beiden Witzen lachen. Humor ist nicht zu bewerten, es ist schlicht Ansichtssache und ist, ich wiederhole mich, unmlöglich objektiv zu benoten.
Ich akezptiere, wenn man über diese Witze nicht lachen kann, aber ich verstehe nicht, wie man deswegen eine Grundsatzdiskussion über Humor und Niveau vom Zaun brechen soll. Es gibt anspruchsvollen Humor, der trotzdem hart, sarkastisch, obszön und zeitweise sogar zynisch sein kann. Im Humor hat Freud schon die höchste Form des Lachens gesehen. Er bezeichnet "... eine seelische Grundhaltung, die in den Missständen des Lebens menschliche Unzulänglichkeiten erkennt und lachend verzeiht" . Humor ist wahrscheinlich die wichtigste soziale Komponente, die Menschen haben. Der humorvolle Mensch ist befähigt, sich selbstkritisch neben sich zu stellen, die Situation von außen zu betrachten und unabhängig von Instinkten relativieren zu können.
Gleichzeitig ist Humor und das anschließende Lachen auch eine Befreieung von Zwängen. Die Frage "kann man über Hitler lachen?" stellt sich für mich ebenso wenig, wie "kann man über Ausländerwitze lachen?". Die einzige Antwort, die mir dazu einfällt ( und die auch nicht von mir ist) lautet : "Ja wenns lustig ist." Für Deutsche ist es immer noch eine Herausforderung, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Die Geschichte geißelt uns, lässt uns verklemmt und unsicher wirken. Humor steuert dagegen und baut Barrieren ab, die andere Länder nie hatten und haben werden.
Für mich ist das ein relativ normales Prozerede. Es gab eine Projektarbeit und unser Konzept wurde abgelehnt. Das ist doch in Betrieben etc und auch in Krankenhäusern gängige Vorgehensweisen und bietet dort auch keinen Nährboden für deplazierte Grundsatzdiskussionen. Aber gut, dieses Projekt ist schief gelaufen und wir kriegen die Chance, ein, für die Lehrerin moderateres Humorheftchen zu erstellen. Ob darüber dann noch viele lachen werden, sei dahin gestellt.

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