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Dienstag, 27. Mai 2008

Ein kleiner Dialog

Vor einigen Tagen habe ich ein recht interessantes Gespräch geführt, das ich hier posten möchte. Nicht, um zu zeigen, wie toll ich bin und wie überlegen meine Argumentation ist, ich denke das ist nicht der Fall und wäre auch Fehl am Platz. Nein, Ich denke, dieser Dialog zeigt einige interessante, diskussionswürdige Aspekte auf, über die vielleiht der eine oder andere nachdenken wird.


10. Donfather 22. May. - 14:11

(....) Ja, das ist richtig. Aber genau das ist doch das spannenste... Wie sie denken, was sie denken und darin zu interpretieren.

Ich bin Krankenpflegeschüler, ja. Bin mehrmals unter der Woche unter Leuten, treffe mich morgen mit einenm älteren Mann zu einem Interview über seine Lebensgeschichte.
Genauso aber bin ich oft gerne für mich, im Dialog und der Diskussion mit mir, oder einfach nur um in den Tag zu leben und sich keine Gedanken zu machen ^^

Und was ist mit dir? Menschenfreund oder eher Menschenkritiker ? Oder beides, wie ich

11. Illuminati 22. May. - 14:13

Uih
Schwierige Frage.
Ich dreh es mal um: Ich bin offen und optimistisch. Somit glaube ich an das Gute im Menschen. Das ist nicht immer einfach, weil es manchmal naiv wirkt. Dabei verlasse ich mich aber sehr auf meine Intiution. Bei manchen Menschen bin ich dann total misstrauisch.
Vom Menschen mach ich gern den Sprung auf die Gesellschaft. Und da bin ich Gesellschaftskritiker. :)

12. Donfather 22. May. - 14:18

Ich denke ganz ähnlich.
Ich differenziere stets zwischen dem Individuum und dem Komplex Gesellschaft, dem sozialen System. Ich finde, das sind wir unserer Individualität auch schuldig.
In vielerlei Hinsicht sind wir auch naiv, aber ich finde sehr liebenswert naiv. Denn wer geht denn heute noch auf Menschen zu und ist nicht nur völlig wertfrei, sondern auch noch überzeugt, dass der Mensch etwas wertvolles, Gutes ist und Liebe in sich trägt?

13. Illuminati 22. May. - 14:19

Wenige, und es werden immer weniger.
Das Misstrauen herrscht aktuell. Darum haben auch so Parteien wie die Linke oder Rechten Zulauf.
Richtig ist, dass die Gesellschaft aus Individuen besteht. Aber die Gesellschaft als Ganzes gibt Rahmenbedingungen vor. Und einzelne Indivdiuen überschreiten diese, und die Gesellschaft an sich akzeptiert dies. So verändert sich langsam vieles ...

14. Donfather 22. May. - 14:25

Ohne jetzt zu sehr auf einen Parteiendiskurs zuzusteuern. Aber rechtsradikale Parteien, die das Wahlrecht abschaffen wollen und den Faschismus wiederbeleben möchten, mit einer kritischen Partei, sdie sich aber ohne Einschränkung auf die Verfassung beruft ( im Gegensatz zur CDU übrigens) und sogar noch mehr Demokratie fordert und wie keine andere Partei für Menschenrechte und Antifaschismus steht, gleichzusetzen, halte ich für ungerecht.
In jeder Gesellschaft werden Grenzen überschritten, das ist ein völlig normaler Prozess. Oftmals auch ein fruchtbarer. Das Kind überschreitet die Grenzen der Eltern und erweitert so seinen Horizont. Diesen Prozess gäbe es ohne das Überschreiten nicht. Genauso ist es doch mit der Gesellschaft. Grenzen überschreiten ist doch nichts negatives, sondern ein völlig natürlicher Mechanismus.

15. Illuminati 22. May. - 14:28

Zwischen Grenzen überschreiten und den Horizont erweitern kann man unterscheiden. Grenzen dienen dazu, Dinge in einem gewissen Rahmen zu halten. Horizonte erweitern führt dazu, dass man neue Erfahrungen macht.
Die Anschläge vom 11. September zB haben die Grenzen bei weitem überschritten. Ob das als positive Erfahrung sein musste, sei dahingestellt. Die Frage nach Gut oder Böse des Überschreitens wird von wem beantwortet?

16. Donfather 22. May. - 14:41

9/11 war sicherlich keine positive Entwicklung. Wir redeten auch von der Gesellschaft bzw von einer Gesellschaft. Und die Attentäter gehörten nicht zu der amerikanischen Gesellschaft. Mohammed Atta Jarrah und Zammar hatten entweder Green Cards oder sogar Deutsche Pässe. Sie gehörten der Hamburger Terrorzelle an.
Ich bleibe dabei : Ohne Grenzen zu überschreiten, wird sich eine Gesellschaft nicht weiterentwickeln. Und wenn sich weite Teile der Gesellschaft Grenzen ignorieren, muss man darüber nachdenken, ob diese noch zeitgemäß sind. Und da rede ich nicht von Terroranschlägen. Oswald Kolle oder Alice Schwarzer haben genauso Grenzen überschritten und ohne sie wäre die Gesellschaft heute nicht auf dem Niveau, auf dem es sich heute befindet.
Die Frage nach dem Überschreiten von Normen,Grenzen, ist natürlich komplexer und nicht in einem Satz zu beantworten. Desweiteren kommt es auf den Standpunkt an. Der Richter oder Staatsanwalt kann eine noble, wenn auch eine unrechtmäßige Tat nicht vergessen, weil sie vielleicht moralisch akzeptierbar. ist. ich denke da zb an die Sterbehilfe.
Ich sag es mal etwas kätzerisch und mich selbst provozierend : Die Frage können nur Menschen beantworten, die es sich leisten können.

17. Illuminati 22. May. - 14:46


Klar waren die Attentäter nicht aus der amerikanischen Gesellschaft. Wenn Sie aus Hamburg kamen, dann waren sie wohl Teil unserer Gesellschaft. Wie Alice Schwarzer auch. Beide haben die Grenzen überschritten. Und genau setzt doch die Frage an: Woran erkennt man, dass das Überschreiten der Grenze eine positive Erfahrung wird.
Beispiel Gen-Technologie. Ist das gut oder schlecht? Es ist definitiv weiter, als wir es uns vorstellen können. Dennoch wird darüber diskutiert, es einzuschränken, weil die Risiken nicht bekannt sind. Waren denn die Risiken bekannt, als Alice Schwarzer die Grenzen neu definiert hat?
Ich glaube, dass das Individuum heute überfordert ist - aufgrund der vielen Möglichkeiten. Daher macht es sich unsere Gesellschaft einfach und duldet viele Überschreitungen, weil sie nicht weiß, wie sie damit umgehen soll.

18. Donfather 22. May. - 15:08

Man sieht es am Erfolg der Gesellschaft. Entwickelt sich die Gesellschaft weiter? Kann man eine Entwicklung betrachten, die man als positiv bezeichnen kann. Diskussionen muss man immer führen, auch heute noch um die, meiner Meinung nach völlig eindeutigen, Errungenschaften von Alice Schwarzer.
Gen-Technologie kann durchaus fruchtbar sein, wenn es um die (Human-)Medizin geht. Deutschland erlebt hier einmal mehr, aufgrund seiner Geschichte einen eingeengten und einseitigen Diskurs, über (pseudo)christliche Werte, die ihre Aktualität längst verloren haben. Über die Risiken geht es doch gar nicht, jedenfalls jedenfalls nicht wenn es um Stammzellen etc geht. Falls du von der aggra-gen Technologie spricht, so hast du den Grund für das negative Urteil längst gegeben. Die Risiken sind nicht bekannt. Allein aufgrund dieser Tatsache sollte jede politische oder ethische Debatte beendet sein.
Eine Gesellschaft ist ja nicht nur eine Ansammlung von Menschen. Eine Gesellschaft ist ein kommunikatives, soziales System, das sich in einem disktutierbaren Werte- und Normenraum befindet. Nicht alle in einer Gesellschaft empfinden die, von der vermeintlichen Mehrheit, definierten Werte, als die ihren. Aber die meisten davon akzeptieren sie. Diejenigen, die es nicht tun, brechen heraus und machen sich durch den "Verstoß" auf sich aufmerksam. Ein Wertebruch ist immer auch ein Hilferuf, oder zumindest ein Revolutionsruf. Viele Menschen befinden sich in diesem Wertesystem und leben vielleicht danach. Doch sie wissen nicht warum sie das tun. Erklärungsversche wie "weil man das schon immer so macht /weil sich das so gehört / weil man das so macht" fundamentieren die Unreflektiertheit dieser Leute. Andere sind womöglich einfach moralisch flexibler und sehr liberal. sie dulden diese Übeschreitungen.

19. Illuminati 22. May. - 15:12

Wow
Eine Menge Text.
Eine einfache Frage: Deiner Meinung nach ist es also OK, wenn die bisherigen Grenzen überschritten werden? Erst durch die damit gemachten Erfahrungen lernt die Gesellschaft. Eine Diskussion im Vorfeld erübrigt sich dann?

20. Donfather 22. May. - 15:19

Ich bin keiner, der sich pauschal ausdrückt. Das ist auch einer meiner größten Kritikpunkte an beinahe jeden renommierten Psychologen und Soziologen. Da müsste ich fast pauschal werden.
Ich versuche mich differenziert auszudrücken. Und von "den bisherigen Grenzen" spreche ich nicht. Genauso wenig, wie sich eine Diskussion erübrigt. Durch eine Kontroverse entstehen doch gerade erst die Möglichkeiten moralischer, sozialer oder auch wirtschaftlicehr Veränderung. Und ohne die Erfahrung der Gesellschaft, wie du sagtest, entstände gar keine Kontroverse. Woher sollte man wissen, dass die Pille die Frau weiter emanzipiert, ohne dass sie vorher von den herrshenden Normen unterdrückt wurde.
Diskussionen erübrigen sich nicht. Debtatten, Kontroverse, Provokationen sind unabdingbar für den Weiterentwicklungsprozess einer Gesellschaft.


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