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Montag, 2. Juni 2008

Die Neospießer

Es gibt ja zu so ziemlich allen Bewegungen, Einstellungen, etc, die irgendwann einmal aktuell ( oder es noch nie waren) waren, eine, an die Aktualität angepasste, Renaissance. Neben den allseits bekannten und falsch verwendeten Begriff des Neoliberalismus, gibt es auch die kaputten Neoevangelikalen, die Neokommunisten, Neonationalismus usw...
Eine Interessante, unheimlich deutsche Tugend, die man mittlerweile schon als völlig selbstverständlich angesehen wird, ist das Spießertum. Die klassischen Spießer ist ein unverbesserlichen Egoisten, der sich überall in seiner feigen Art anpasst und jede erdenkliche Veränderung per se ablehnt. Und was macht der Neospießer so? (Das Antogyn dazu wäre übrigens der Altspießer)Anpassen, ja und nein. Er ist längst in seinem eigenen Gefilde und zu bequem, sie noch mal zu ändern. Er denkt gar nicht dran, weil er alles, was er tut, ja nur deswegen macht, weil er es für richtig hält.
Der Neospieler ist weniger Taz Leser, wie die berliner Zeitung vor einigen Jahren warb ( "Werden Sie Neo-Spießer"). Neospießer lesen unter Umständen relativ progressive Zeitungen ( Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, WAZ), kaufen ihren Wein bei Aldi, weil der doch gar nicht so schlecht ist. Auch den "Cicero" findet man in der gekachelten Gästetoilette immer ganz gerne. Immerhin steht auf jedem Cover "Magazin für politische Kultur." Kultur, ja das ist ihnen auch sehr wichtig. Es geht immer wieder ganz gerne und in regelmäßigen Abständen in das benachbarte Indie-Kino, um sich rumänische oder französische Seltenheiten in Ton und Farbe anzusehen. Danach geht man nach Hause mit dem guten Gefühl, kultiviert zu sein. Weihnachten, wird zwar gefeiert, dennoch geht nur ein Teil der Familie in die Kirche. Die Abstinenten sind entweder atheistisch oder einfach nur vom bigotten und langweiligen Predigen des Pfarrers angewidert. Es wird über die Umfallqualitäten der SPD gelästert, bei der man nicht selten Mitglied ist, über die schreckliche Außenpolitik der USA und über den neuesten Tsunami. Was ein Zyklon noch mal war, wurde in einer stillen Stunde nachgeschlagen. Am Abend schaut man sich öffentlich rechtliche Krimiserien an. Zu WM und EM Zeiten lässt man sich vom "Neonationalismus" inspirieren und klemmt sich schwarz rot goldene ( Golden, passend zu Deutschlandschal tragender Horst Köhlers Zähne) Fahne ans Auto und druckt sich die selbigen Farben per abwaschbares Tattoo auf die Wangen, wenn man mal wieder ein äußerst mittelmäßiges Spiel der Deutschen beim Nachbarn im Garten ansieht.
Deutschland einig Spießertum. Von wegen! Die Spießer stehen sich nun in zwei Lagern gegenüber. Die alten, in Gartenzwerg und Lindenstraße Manier und die neuen, die SPDler-Anti USA-Teilzeitpatrioten. Da taucht Freude auf.

Eine wundebare Woche =)

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