1999. Oscar Lafontaine tritt vom Amt des Bundesfinanzministers zurück." Diese Wirtschaftspolitik ist nicht mit mir zu machen", erklärte er. Und er hatte recht. Die darauffolgenden Jahre sollten zeigen, dass sich die SPD nach dem Vorbild der Labour Party entwickeln würde. Schon nach einem Jahr war das Programm der SPD von 1998 hinfällig. Warum aber Lafontaine diesen Kurs auch noch begünstigte, in dem er zusätzlich als Parteivorsitzender zurücktrat, versehe ich bis heute nicht.
2005. Lafontaine gibt sein Parteibuch ab und verkündet am selben Tag, er wolle die WASG und die PDS bei der Bundestasgswahl unterstützen. Bei der Wahl darauf wählten 26% aller Saarländer die neue Patei, die zu dem Zeitpunkt noch keine Partei war. Bundesweit erhielt die Neue Linke 8,7%
2007 wird Lafontaine mit Lothar Bisky zum Vorsitzenden der neugegründeten Partei, "Die Linke" gewählt.
Was will die "neue" Linke? Ist sie überhaupt neu? Nicht wirklich. Der Lafontaine 2008 argumentiert im Grunde genommen wie der Lafontaine aus den 90zigern. Alle Sozialdemokraten, die ihn als Demagogen und Populisten bezeichnen, müssen sich bewusst werden, dass sie damit vor allem ihre sozialdemokratische Vergangenheit denunzieren. Lafontaines Sprache ist plakativer und einfacher geworden. In den 90zigern galt er bei vielen als ein intellektueller Abgehobener, der sich für besonders elitär hielt. Daran denkt heute keiner mehr. Und auch wenn Lafontaine stark vereinfacht und vieles zu simpel darstellt, so bleibt er bei der Wahrheit. Die Löhne sind in den letzten 10 Jahren nicht gestiegen und auch die jetzige positivere Lohnentwicklung wird von der Inflation größtenteils aufgefressen. Die Steuergeschenke in Deutschland sind nun mal bemerkenswert und einmalig in der europäischen Union. Die Außenpolitik basiert auf einer devoten Haltung zu den USA. Eine eigene Linie ist nicht zu erkennen. Der Kosovo Krieg begann mit einer Lüge und auch dass sich Deutschland nicht am Irak Krieg beteiligt, war und ist eine Lüge. Selbst wenn die Welt nicht so einfach ist, wie sie von Lafontaine beschrieben wird, so steckt doch eine Menge Wahrheit in seinen Worten. Fakt ist, dass er Hugo Chavez verherrlicht, der neben seinen Verdiensten für Venezuela die Pressefreiheit einschränkt, ebenso wie die Oppositionsarbeit. Kein Linker ist glaubwürdig, wenn er Linken Politikern uneingeschränkte Solidarität entgegenbringt, die selbst fundamentale linke Werte missachten.
Ich vermisse in der Linken kontroverse Debatten. Diskussionen, wie es bei den Grünen immer Gang und Gäbe war. Doch leider hat ein großer Anteil des PDS Kaders sowie der Gewerkschaftler ein ausgerprägtes Obrigkeitsdenken. Leute wie Andre Brie gibt es viel zu selten. Ebenso wie die Rede von Gysi zum 60. Jahrestag von Israel ( ich berichtete) zu den Ausnahmen gehörten. Ich möchte eine offene, diskussionsfreudige, emanzipatorische Linke, die es versteht, linken Fortschritt zu präsentieren.
Und obwohl die Mehrheit der Grünen für die Kriege im Kosov und Afghanistan waren, bin ich der Meinung, dass sie der "neuen Linken" in vielen Punkten um einiges voraus ist. Diskussionskultur, wie eben angepsrochen und einen ausgeprägten Willen, zu koalieren. Auch wenn es schwierig ist, wenn es scheinbar unmöglich ist. In Berlin waren es die Grünen mit der CDU, die den Bau eines Kohlekraftwerkes verhindert haben. In Hamburg waren es die Grünen, die das ebensfalls verhinderten, ebenso wie die Situation für Pflegende verbessert wurde. Man kann auch mit der CDU progressive Politik machen. Sicherlich nicht in Hessen oder Bayern ( CSU), aber in einigen Bundesländern schon. Warum auch nicht im Bund? Wenn die Inhalte stimmen? Mit den Grünen gibt es weiter den Atomausstieg, mit den Grünen hat die Türkei weiterhin eine reale Chance, in die EU zu kommen. Mit den Grünen wird der Umwelt/Klimaschutz weiter forciert, viel mehr, als dass es Eva Bulling Schröter ( Die Linke) jemals könnte. Die Grünen sind außenpolitisch nicht dogmatisch gebunden. Deswegen stimmten sie für einen Einsatz in Darfur, im Gegensatz zu den Linken. Das werde ich der Fraktion nicht so schnell verzeihen, dass sie einen weiteren Völkermord in Kauf genommen hätten, nur um ihre verlogene pazifistische Dogma weiter zu vertreten.(Gysi enthielt sich, um eine Kontroverse zu entgehen.) Ich war gegen den Kosovo Krieg und ich bin auch gegen den Afghanistan Krieg. Der Einsatz ist sinnloser denn je. Es gibt keine Nato-Kontrolle über Afghanistan, weder im umkämpften Süden und Osten noch im relativ ruhigen Norden, wo die Bundeswehr ihre Schutzburgen ausgebaut hat. Das Bild des deutschen Soldaten, der gewissenhaft seinen Dienst tut, enspricht nicht der Wahrheit. Diese mit Logistik und Versorgungseinrichtungen überfrachtete Truppe, die sogar ihre gesamte Verpflegung aus Deutschland einfliegen lässt, sind in ihren jeweiligen Bases eingesperrt. Geradezu privilegiert sind die mobilen Einheiten, die in einem sich ständig reduzierenden Umkreis Patrouillen durchführen. Für die übrigen Mannschaften gibt es keinen einzigen Ausflug. Zu Beginn ihrer Dienstzeit werden sie am Flugplatz abgesetzt und im gepanzerten Mannschaftswagen mit geschlossenen Luken zum nahen Camp gefahren. Dann folgen mehrere Monate eintönige Isolierung. Und das ist nur ein Argument gegen diesen falschen Krieg.
Viele Grüne sind nach dem Abgang des mächtigen Joschka Fischers kritischer geworden. Sie sind nicht mehr per se für den Afghanistan Einsatz, sie hinterfragen mehr und beginnen wieder zu diskutieren, wo sie 2001 aufgehört haben. Und das ist auch gut so. Die Linke hat sich immer durch eine ausgeprägte Diskussionskultur ausgezeichnet. Das gilt es zu wahren. Welche Partei nun die "Linkere" ist, ob die mordernen progressiven Grünen, oder die neuen Linken, ist im Grunde marginal. Wie sagte Lafontaine, Organsationen sind nur Mittel zum Zweck, es geht nur um Inhalte. Schön wäre, wenn dieses pragmatische Denken auch bei der Mehrheit ankommen würde.
Samstag, 7. Juni 2008
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