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Samstag, 19. Juli 2008

Bequemlichkeit und Anarchismus

Zucht und Ordnung muss sein. Dieser Meinung ist auch mein Arbeitgeber. Ordnung sei eine sehr wichtige Eigenschaft, eine Zier sozusagen, die es zu wahren gelte. Dass man mit dieser Sekundärtugend laut Lafontaine auch ein KZ betreiben kann, dürfte allgemein bekannt sein. Doch dass diese Tugend auch für die Ausbildung zum Krankenpfleger wichtig sein soll, ist neu.
Im Zuge dieser Erkenntnis wurden folgende Regeln ins Leben gerufen:
1) Im Unterricht dürfen nur klare Getränke konsumiert werden. Also kein Cola, Fanta oder Tee. Das letzteres in einem Krankenhaus gilt, von dem die Beutelteeindustrie maßgeblich lebt, ist bemerkenswert. Aber genauso nebensächlich.
2) Das Essen im Klassenzimmer ist nicht gestattet.
Ferner gilt weiterhin das völlig unsinnige Handyverbot. Bemerkenswert ist, dass sich der Mythos der Strahlen, die Geräte stören sollen, nicht nur für Normalstation, sondern auch für die Schulräume gilt. Und für den Fall dass eine Mitschülerin oder ein Mitschüler auf die Idee käme, im Unterricht zu telefonieren, würde er sofort von den anderen getadelt. Wir sind erwachsen.
Regel Nummer 1) und 2) haben folgenden Hintergrund: Unser Schulleiter hat vor einiger Zeit neue, teure Stühle erhalten, die er mit diesen Regeln nun zu bewahren versucht. Ich frage mich, wie grobmotorisch oder einfach nur dumm man sein muss, auf dem Sitzen eines Stuhl selbigen zu beschmutzen.
Wie dem auch sei, ich trinke ohnehin nur Wasser. Trotzdem: Es soll Menschen geben, die andere Dinge als Getränk bevorzugen. Diese sollte man nicht benachteiligen. Essen möchte und sollte jeder im Unterricht dürfen. Warum auch nicht? Die Beschmutzung der Stühle mit etwaige Krümeln ist so dermaßen an den Haaren herbeigezogen, so dass ich es fast lustig finde. Unlustig an der Geschichte ist die Tatsache, dass ich bestraft werde, wenn ich im Klassenzimmer esse. Und trotzdem habe ich weiter gegessen. Bequemlichkeit gepaart mit Anarchismus.
Der Höhepunkt dieses Schmierentheaters wurde vor einigen Wochen erreicht. Zum Ende des letzten Schulblocks gab es für jeden einen Eisbecher, die wir in der Pause bei Rewe gekauft haben. Gegessen wurde im Unterricht und der war, oh Wunder, im Klassenzimmer. Der Lehrer, der das gemeinsame Eisessen überwachte, übergang also mit seiner Anwesenheit das Regelwerk. Frei nach dem Motto: „1. Regel : Ich habe immer recht. 2. Regel: Wenn dies nicht zutrifft, tritt automatisch Regel 1 in Kraft. Im Unterricht musste ich darüber natürlich herzhaft lachen über diese, im Grunde gut gemeinte, Aktion. Genauso sehe ich auch das ganze: Als eine Art Karrikatur. Und ich zettle gewissermaßen den Karrikaturenstreit an. Dann hoffe ich mal nicht, dass morgen mein Auto brennt oder einige tausend ungebildete Schwachmaten, die keine Ahnung haben, worum es eigentlich geht, gegen mich demonstrieren.
Es gibt wichtigeres. Auch dass diese faschistoiden Regeln immer wieder durch die sogenannte Krasi(Krankenhaussicherheit), bestehend aus dem gesamten Kollegium überprüft werden und wir vielleicht auch einige IMs unter uns haben, berührt mich kaum. Wie gesagt: Bequemlichkeit und Anarchismus.


Wer diese Posts als Angriff versteht, der soll wissen, dass es nicht als solcher gemeint ist. Ich sehe diese Beiträge als Ventil, teilweise sarkastisch, teilweise humoristisch, das aber ansonsten keinen Anspruch auf eine sachliche Debatte hegt. Nichts desto trotz würde ich mich über eine Antwort freuen und würde diese selbstverständlich hier auch veröffentlichen
JulianHoboPlutz@gmx.de


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