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Donnerstag, 24. Februar 2011

Der Yellow Press Minister und ein dummen Volk

Spätestens seit gestern entwickelt sich die Guttenberg Debatte nicht nur zu einer Farce, sondern auch zu einem signifikanten Beleg für Machtgier, Machtgeilheit einzelner, die bis in die Kriminalität reicht. Traurig und beschämend, dass gerade jemand wie Guttenberg, der sich einer solch exorbitanten Bekannt- und Beliebtheit erfreuen kann, über seine eigene moralische Verdorbenheit stolpert. So wenig wie der Diebstahl geistigen Eigentums (Vgl. Art 14. GG, UrhG, uvm) ein Kavaliersdelikt ist, so wenig ist die moralsche oder schlicht die "anständige" Pflicht eines Verteidigungsministers in einer Form weniger zu werten als vergleichbare Vergehen. So wäre Guttenberg selbstverständlich als Dieb einer materiellen Sache völlig untragbar im Amt gewesen; ähnlich wäre es, würde er als moralische Instanz, dessen Anspruch er von sich hat, sich mit ukrainischen Nymphen bei Koks vergnügt hätte. Michel Friedman hat zu seiner Zeit alle seine Ämter, sowie seine lukrativen Posten in der ARD niedergelegt. Gregor Gysi, Cem Özdemir stolperten über die vergleichbar harmlosen Bonusmeilenaffäre und nahmen ihren Hut. Gegen 62% Abschreibens, dazu noch eine Woche ekelerregender Vertuschungs- und Verharmlosungsrhetorik ist die Meilenaffäre eine Lachplatte. Und trotzdem blieben sie konsequent; weil sie für den Moment untragbar waren. Weil für sie, durch ihren medialen Stand und ihrem Bekanntheitsgrad andere Maßstäbe gelten. Guttenberg jedoch bleibt im Amt. Unfassbar.
Wie kann es sein, dass eine Wissenschaftliche Arbeit, die in einem so großen Umfang nicht aus der Feder von Guttenberg stammt, mit der Bestnote ausgezeichnet wird? Vermutlich hat der Doktorvater die Arbeit nicht mal gelesen, sonst wären ihm die Stilbrüche sicherlich aufgefallen. Dies ist eine Affont, nichts als ein Affont, gegen "normale" Studenten ohne Adelstitel und adäquaten Parteiausweis. Dies ist ein Armutszeugnis für eine ganze Universität und bringt den bis dato hervorragend integren Ruf Hochschulen in Verruf. Vielen Dank, Herr Guttenberg, der, nebenbei bemerkt, als Verteidigungsminister für die beiden Hochschulen der Bundeswehr in Berlin und München verantwortlich ist.
Völlig farblos blieb auch die FDP. Traurig, dass nicht mal der eine oder andere Hinterbänkler der Liberalen das aussprach, was mit sicherheit viele dachten: Dass Guttenberg als Lügen- und Plagiatsbaron völlig untragbar geworden ist. Nichts ist offensichtlicher und einleuchtender: Wenn einzelne FDP Mitglieder vor einigen Monaten noch Westerwelles Rücktritt forderten, wo bleben nun ihre Rufe nach Guttenberg? Westerwelle mag Fehler gemacht haben und farblos sein, aber er hat weder Amt noch Integrität von Politikern/ Akademiker beschmutzt. Wo sind die Stimmen?
Davon abgesehen würde Westerwelle an Stelle Guttenberg politisch erledigt gewesen sein.
Noch mal: Guttenberg hat Eigenschaften, den vielen Politikern fehlen.(Vgl Malais um Guttenberg) Das täuscht jedoch nicht über eine Eigenschaft, die er offensichtlich niemals inne hatte und haben wird: Integrität. Die Deutschen haben sich entschieden, was ihnen lieb und teuer ist:Einen Yellow Press Minister ohne Gewissen, Anstand (und mit einer scheiß blöden Frau) dafür einer beträchlichen kriminellen Energie, Guttenberg wäre vielleicht kein allzuschlechter Politiker; jedoch ist er ersetzbar und sicherlich kein Messias. Um so erstaunlicher ist es, wie schlicht die Deuschen doch sind. Guttenberg wird es wohl weit bringen, vermutlich noch umjubelt von Millionen Deutschen, für die imaterielles Eigentum keinen Wert ansich dastellt; sie vermutlich nicht mal wissen, was dies ist. Deutschland, wie dumm bist du?

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