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Montag, 7. Februar 2011

The Art of Hobo: es geht um Formulierungen

In dieser Woche möchte ich über Worte oder Formulierungen schreiben, die für mich im Deutschen bemerkenswert sind. Beginnen wir doch gleich mit "bemerkenswert."
Für viele ist das Wörtchen "bemerkenswert" gleichgesetzt mit "außergewöhnlich", und diese beiden sind wiederum automatisch "hervorragend", mindestens jedoch mit "gut" Synonym. Dagegen muss ich intervenieren! "Bemerkenswert" sind gegebenenfalls ebenfalls Dinge, die negativ sind: So ist es in meinen Augen bemerkenswert, wenn ein Bankräuber, als er auf dem Weg zum Fluchtwagen ist, kurz zum CopyShop geht und mit seiner personalisierten Kopierkarte eine Kopie macht und sich so verrät ( Diese Geschichte ist tatsächlich passiert) Dies ist in jedemfall "bemerkenswert", womöglich auch "außergewöhnlich". Aus objektiver Betrachtung ist das Handeln des Bankräubers jedoch nicht "hervorragend". Aus subjektiven Blinkwinkeln, wie zum Beispiel aus dem des Fluchtwagenfahrers, also sein Komplize, ist dies alles andere als hervorragend. Sein Verhalten ist nicht mehr und nicht minder folgenschwer und brothohl zugleich. Für den ermittelnden Polizisten ist der Geistesblitz des Räubers hingegeben hervorragend - zweifellos.
Was haltet ihr vom Begriff "fremdgehen?" Also ich finde, dass dieser Begriff völlig schwammig ist: "gehen"? Wohin?! Und was ist damit gemeint? Geht es um das umgangssprachliche "mit jemanden gehen?" Dann macht allerdings das "fremd" wenig Sinn. Denn ist dieser Mensch doch in dem Moment nicht "fremd", sondern alles andere. Da der Begriff "fremdgehen" meist in verbindung mit Geschlechtsverkehr genannt wird ( und sich regelmäßig an den Abgrenzungen gestritten wird; Was ist Fremdgehen, was nicht? Fast schon karrikaturischer Höhepunkt dieser Debatte ist der Streit im Tarantino Streifen "Pulp Fiction", ob eine Fußmassage schon ein Fremdgehen bedeutet) Es ist davon auszugehen, dass jemand, mit dem man GV hat, alles andere als fremd ist. Vielleicht ist einem GV fremd, aber das ist eine andere Geschichte.
Diese Liste lässt sich fortsetzen wie die Seiten "Huber" im Müncher Telefonbuch. Es ist ja auch gar nicht tragisch, weil die meisten ja doch wissen, was damit gemeint ist.Mit "Kritik" zum Beispiel meinen die wenigsten eine Beurteilung. Eine "Kritik" ist stets eine negative Beurteilung; obwohl eine schlichte Kritisierung, also das Anbringen von Kritikpunkten, sowohl negativ als auch positiv sein kann. Wie dem auch sei, wie viele Worte, Formulierungen, Redewendungen et cetera es noch gibt, sie bleiben in den Köpfen der Menschen, weil sie im Endeffekt doch das aussagen, was sie aussagen sollen. Mit dem wenig faden, dafür interessanten Beigeschmack, dass sie ein kleines bisschen verraten, wie der Gegenüber tickt.

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