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Donnerstag, 17. November 2011

Eine kleine Analyse zum Thema Mindestlohn

Aufgrund der aktuellen parteipolitischen Wendungen in Sachen “Mindestlohn”(1) aber auch der Diskussionen in den letzten Jahren, ist es Zeit, das Thema etwas tiefer zu beleuchten; fernab von parteipolitischen Emotionen.
Zunächst geht es um die Frage der Begrifflichkeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in ihrer Rede vom Parteitag am 15.11.2011 von einer “Lohnuntergrenze”. Andere Parteien, sowie Gewerkschaften und Ökonomen verwenden in diesem Kontext den Begriff “Mindestlohn.” Diese Begriffe sind identisch. Denn beides meint einen Mindestpreis, also einen staatlich festgesetzten Preis für beispielsweise die Stunde Arbeit. (2) Im weiteren Verlauf werde ich den gängigeren Begriff des “Mindestlohns” verwenden.
Die Forderungen nach einem Mindestlohn sind nicht neu. Seit mehr als 100 Jahren gibt es vor allem in der Arbeiterbewegung Forderungen, sogenannte Hungerlöhne mit einem staatlichen Mindestlohn zu unterbinden (3). Und auch wissenschaftlich hat man sich diesem Thema zugewandt.
Als vielleicht aus deutschhistorischer Sicht relevantester Fürsprecher für einen Mindestlohn war der Ökonom Walter Eucken. Eucken gilt mit seinen ordoliberalen Thesen heute als geistiger Vater der sozialen Marktwirtschaft. Er argumentierte, entgegen den neoklassichen Theorien, der Arbeitsmarkt sei kein vollkommener Markt. Er spricht von der Anormalität der Angebotskurve. Menschen. Die aufgrund sinkender Löhne ihr Arbeitsangebot erweitern müssen, handeln anormal. Um ihre Existenzgrundlage zu sichern, erhöhen sie ihr Angebot für Arbeit. Als Gegenmaßnahme schlägt Eucken einen Mindestlohn vor. Eucken argumentiert also im Schema von Angebot und Nachfrage (4); negiert aber die Annahme, der Arbeitsmarkt sei ein vollkommener Markt. Faktisch führ er den Gedanken Keynes weiter und formuliert ihn als Argmentation für einen Mindestlohn. (5)
Um die neoklassische Ansicht des Mindestlohn zu erkunden, (6) ist es zunächst von Nöten, überhaupt das Prinzip von Angebot und Nachfrage zu verstehen. Nicht nur die Neoklassik, fast die gesamte wissenschaftliche Betrachtung von Ökonomik bauf auf das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Präziser gesagt geht es um das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Das Gleichgewicht herrscht dort, wo sich die Angebots- und die Nachfragekurve schneiden. Beim Gleichgewichtspreis entspricht die angebotene Menge der nachgefragten Menge. (9) Jede Mindestgrenze für Löhne ist ein Mindestpreis (7) für die Stunde Arbeit. Ist der Mindestpreis unter dem Gleichgewichtspreis, , ist er faktisch bedeutungslos. Der Mindestpreis ist geringer; er hat also keine Auswirkungen auf den Gleichgewichtspreis. Diesen Zustand findet man beispielsweise in den Ländern USA und England, in denen 2% aller Beschäftigte den Mindestlohn tangieren. (8) Wenn jedoch der Gleichgewichtspreis aufgrund staatlicher Reglementierungen nicht nach unten flexibel ist, steigt das Angebot nach Arbeitskräften an. Mehr Menschen wollen zu einem höheren Lohn arbeiten. Die Nachfrage nach Arbeitskräfte sinkt jedoch, denn die Unternehmung ist nicht in der Lage, den Lohn an die wirtschaftlichen Gegebenheiten, also der reale Gleichgewichtspreis, anzupassen. Es entsteht also ein Angebotsüberschuss. Angebotsüberschuss ist im Kontex des Arbeitsmarktes Arbeitslosigkeit. Ein über dem Gleichgewichtspreis herrschender Mindestlohn führt zu Arbeitslosigkeit. (8) Diesen volkswirtschaftlich wenig wünschenswerten Zustand finden wir beispielsweise in Frankreich. In Frankreich tangieren 15% aller Beschäftigen den Mindestlohn (8) Mindestlohne verursachen besonders bei Geringverdienern und Berufseinsteigern Arbeitslosigkeit (9). Auch dass die Jugendarbeitslogkeit in Frankreich überdurchschnittlich hoch ist, ist ein Resultat eines staatlichen Mindestlohns. (30%) (10)
Auf der anderen Seite ist bemerkenswert, dass es Studien gibt, die dem scheinbar widersprechen, Mindestlöhne würden Arbeitslosigkeit hervorrufen (11). Dies ist deshalb nur auf den ersten Blick ein Widerspruch, da der Gleichgewichtspreis im angesetzten Mindestlohn unter den meisten Gleichgewichtspreisen liegen.
Ebenfalls ein relevantes Argument ist die Probematik, dass ein greifender Mindestlohn Schwarzarbeit fördert. (13) Bis zu 200.000 Arbeitsplätze würden bei einem greifenden Mindestlohn aufgrund von Abwanderung in die Schattenwirtschaft entstehen. Besonders betroffen ist die privat genutzte Gebäudereinigung und das Friseurgewerbe( das schon jetzt besonders prekär mit 40% Schwarzarbeitanteil Schlagzeilen macht). Die aktuelle Studie der SPD nahen Friedrich-Ebert Stiftung (13) sind sich weitgehend einig, dass ein gesetzlicher Mindestlohn vor allem Handwerks- betriebe treffen würde, insbesondere das Friseurgewerbe. Auch das Hotel- und Gaststättengewerbe, das Bewachungsgewerbe sowie kleinere Einzelhändler würden einen Mindestlohn zu spüren bekommen.
Beachtenswert erscheint auch in dieser Debatte sind die Grenzregionen. Dort gibt es kaum Spielräume, die Preise zu erhöhen, um die deutlichen Mehrkosten zu kompensieren. Zu nah sind die Konkurrenz aus Polen und Tschechien und damit die Gefahr, dass Kunden in den Grenzgebieten zu billigeren, ausländischen Anbietern abwandern könnten. Ebenfalls ist eine signifikante Preiserhöhung als Ausgleichsreaktion zu erwarten (13)
Wie eben gelesen geht der Trend der wissenschaftlichen Meinungen eindeutig gegen den Mindestlohn. So sind 91% aller Ökonomen der Ansicht, Mindestlöhne verursachen Arbeitslosigkeit (12). Eine Studie des IFO Institutes ergab, dass ein Mindestlohn von 8,50€ 1,22 Millionen Arbeitsplätze gefährden. Sie manifestiert die herrschende Meinung der Ökonomen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die aktuelle Debatte um einen Mindestlohn wenig zielführend ist. Wir haben gesehen, dass ein greifender Mindestlohn Arbeitskräfte zerstört; besonders hart trifft es Jugendliche und Geringqualifizierte. Ein Mindestlohn würde also Armut erzeugen und nicht, wie die Befürworter argumentieren, Armut bekämpfen.

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1) http://www.focus.de/politik/deutschland/tid-24202/cdu-parteitag-die-partei-folgt-kanzlerin-merkel-aufs-wort_aid_684673.html
(2) vgl G. Mankiw – Grundzüge der Volkswirtschaft 2006 S 692 und ferner Adam Smith – der Wohlstand der Nationen
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Mindestlohn#Geschichte
(4) Adam Smith – der Wohlstand der Nationen
(5) Keynes – The general theory of Employment 1936
(6) Friedman – Kapitalismus und Freiheit S. 87 – 91
(7) Mankiw – Grundzüge der Volkswirtschaftslehre s 693 u 133 ff.
(8) Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2004): Jahresgutachten 2004/05 - Erfolge im Ausland - Herausforderungen im Inland, S. 504ff.
(9) Mankiw – Grundzüge der Volkswirtscahftslehre s 88
(10) http://www.taz.de/!56962/
(11) http://www.taz.de/!45647/
(12) Mankiw – Grundzüge der Volkswirtschaft
(13) http://library.fes.de/pdf-files/wiso/04965.pdf Studie der Friedrich Ebert Stiftung 11/2011

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