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Samstag, 2. April 2011

The Art of Hobo "Trainerfragen"

Westerwelle ist angezählt. Angeschlagen, er taumelt. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass er Parteichef der Liberalen bleibt. Ich kann mir Lindner vorstellen, Rösner, vielleicht Schnarrenberger. Möglicherweise wäre sie die beste Wahl.
Wie auch immer, Westerwelle wankt, wie van Gaal wankte. Und nicht nur das erinnert an eine Trainerdiskussion. Wenn die Mannschaft nicht die Ergebnisse liefter, die sie soll, wird als ersters der erste Verantwortliche, der Coach, in Frage gestellt. Wenn die FDP ihren Reformzielen meilenweit hinterherhinkt, Wahlschlappen einfahren, gerät Westerwelle in die Kritik. Logisch: Aber ist es auch gerecht?
Man darf mit Recht daran erinnern, dass es Westerwelle war, der die Partei nicht nur in die Regierungsverantwortung gehieft hat, sie auch noch mit einem solch enormen Wahlergebis in eine bundespolitische Relevanz gestellt hat, die sie selber kaum fassen konnte. Die FDP war wer, Kanzlermacher, Königsmacher. Kanzlerin in Westerwelles Gnaden. Oder so.
Nach dem furios-liberalen und ehrlichen Wahlkampf Merkels 2005 und der relativ geräuschlosen großen Koaliton, war 2009 die Zeit für die Wunschkoalition. Die Traumhochzeit, die Liebesheirat. Alle sind glücklich, alle sind fro. Ja, mei, das woitten wir scho imma.
Von de wegn! Merkel fühlte sich wohl im Durchregieren, im Aussitzen, im Nichtstun. Sie hatte sich an Reformstau gewöhnt, an Politikerfloskeln und an Kompromiss-Kompromissen, die die eigene Handschrift vom Beginn gerade zu ausmerzt (wie sie Merz ausmerzte). Und was macht die FDP? Verfällt wieder einmal in ihre stumpfes Klienteldenke und Merkel sieht sich nicht in der Lage, anstatt ihr versprochen von Steuervereinfachungen gerecht zu werden, und die Liberalen zu stoppen.
Viele Liberale fühlen sich von dieser Partei nicht mehr vertreten. Die sogenannten freien Demokraten stehen zwar, wenn man das Parteibuch ansieht, in der Tradition des Liberalismus. Doch sieht man sich die Arbeit an, die diese Partei in zwei Jahren vollbracht, wird einem Angst und Bange. Wo war die große Steuerreform? Wo wurde Bürokratie abgebaut in diesem so verwaltungsgrägen Land? Wo wurde die Gesundheitsreform angestoßen, die dieses System so bitter nötig hat und wo, bitte wo, wurde in der Rentenfrage endlich die nötige Systemfrage gestellt und diese auch gelöst? Alles ebbe, alles scheiße, Enttäuschung macht sich breit und das nicht nur bei mir.
Es sind keine einfachen Themen. Nichts, was man mal so zwischen Tür und Angel entscheidet. Nichts, was nicht ohne Kampf von Statten geht. Aber selten war die Diskrepanz zwischen Parteiwerte und Realpolitik so groß, wie es bei dieser FDP der Fall ist ( wie es bei dieser Regierung der Fall ist). Die von FDP (und Kanzlerin) als zu wenig tiefgreifend verschriene Agenda 2010, erweist sich heute als wirklich großer Wurf. Es ist der Beweis mutiger Politik ohne Rücksicht auf Parteigefühle oder sonstige Lobbys. Diesen großen Wurf ist diese Regierung, diese FDP, bis heute völlig Schuld geblieben.
Westerwelle ist nicht das Problem. Er hatte Recht mit der "spätrömischen Dekadadenz." vieler Sozialleistungsempfänger (und dabei ging es ihm nicht nur um Hartz IV Empfänger!). Dieser Staat läd bisweilen tatsächlich immer weniger ein, Leistung zu erbringen, wenn es immer wieder, teilweise vom Staat so gewollte, Wege gibt, wie es auch so geht (Elterngeld).
Westerwelle wird zum Problem, weil bei schlechter Teamleistung immer der Trainer in Frage gestellt wird. Das gehört zum Geschäft. Schröder ist zurückgetreten vom SPD Vorsitz, Kohl hat komplett das Handtuch geworfen, als er 98 sehnsüchtig abgelöst wurde. Westerwelle ist angeschlagen, angezählt. Doch selbst wenn er beurlaubt würde, würde das die Probleme der Freidemokraten nicht lösen.

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